Von Schülerinnen und Schülern der Q2

Kurz bevor wir den Bereich des ehemaligen Konzentrationslagers Mittelbau-Dora mit dem Bus erreichen, wissen zwar alle, welches Ziel unsere Fahrt an diesem Tag hat, dennoch kann man davon noch nichts sehen.

Doch dann taucht am Eingang auf der linken Seite plötzlich ein einzelner großer Viehwaggon auf, der auf einem kurzen Stück Schienen steht.

Ich denke daran, wie viele Menschen wohl mit diesem Waggon nach Mittelbau-Dora gebracht wurden, um hier unmenschlich drangsaliert und gequält zu werden.

Ich denke an die Menschen, die, wie wir später erfahren werden, monatelang in einem unterirdischen Stollen unter erbärmlichsten Bedingungen sich zu Tode arbeiten mussten, ohne noch einmal das Tageslicht gesehen zu haben.

Letztendlich wurden sie nach Dora gebracht, damit das Terror-Regime ihnen die letzten Kräfte rauben konnte – ohne Hoffnung auf Freiheit! Denn sie kamen, um zu sterben.

Und da stelle ich mir die ganze Zeit eine Frage, die mir niemals jemand beantworten wird: Wenn es einen Gott gibt, wo war er in dieser Zeit?“

 

Schülerin der Jahrgangsstufe Q2

 

 

„Nach Beginn des „totalen Krieges“ verlagerten die Nationalsozialisten 1943 die Raketenproduktion und insbesondere die Produktion der, als ‚Wunderwaffe‘ angepriesene, ‚Vergeltungswaffe 2‘ (V2) von Peenemünde in, vor Raketenangriffen geschützte, Stollenanlagen bei Nordhausen in Thüringen.

Um die Produktion zu voranzutreiben, gründeten sie hier das Konzentrationslager Mittelbau-Dora, welches zunächst als Außenlager von Buchenwald fungierte. Die KZ-Häftlinge, vor allem Franzosen und Polen, brachte man zunächst ebenfalls in den Stollenanlagen, direkt neben ihrem ‚Arbeitsplatz‘ unter. Später wurde auch eine überirdische Anlage erbaut, in welche die Häftlinge nach und nach umzogen.

Später wurde Dora mit seinen nach und nach eingerichteten Außenlagern aus der Verwaltung von Buchenwald gelöst und zum KZ Mittelbau zusammengefasst.

Das ‚Besondere‘ am KZ Mittelbau-Dora war, dass in der Raketenproduktion nicht nur Häftlinge, sondern auch Bürger aus Nordhausen, häufig als Vorarbeiter eingesetzt, gearbeitet haben. Sie standen in direktem Kontakt zu den Häftlingen und wurden ohne Zweifel Zeugen der unmenschlichen Behandlung durch die SS, an der sich viele sogar selbst beteiligten.

Heute ist das Dora eine Gedenkstätte, bei der ein eigener Weg gefunden wurde, an die Opfer des Nationalsozialismus zu erinnern.

Es stehen nur noch ein paar Gebäude des ursprünglichen Lagers. Der hintere Teil, welcher den Großteil des ursprünglichen Barackengebiets umfasst, wurde der Natur überlassen, während im vorderen Teil, auf einem Hügel, ein modernes Gebäude errichtet wurde, welches ein Museum und mehrere Konferenz- sowie Verwaltungsräume umfasst.

Die gesamte Fläche ist unscheinbar gehalten, die Geschichte des Ortes springt nicht sofort ins Auge. Läuft man jedoch über das Gelände findet man z.B. das ehemalige Krematorium, welches, versteckt hinter Bäumen, auf einer Anhöhe neben dem Lager liegt. Im Krematorium stehen noch die zwei Öfen, welche zur Verbrennung der verstorbenen Häftlinge genutzt wurden. Neben den Öfen sind Gedenktafeln, aufgehängt von Angehörigen der Opfer.

Das beklemmende Gefühl, welches in den Räumen des Krematoriums aufkommt, verstärkt sich noch einmal in den Stollen, welche durch einen neu gebauten Tunnel wieder begehbar sind, nachdem sie von den sowjetischen Besatzern zunächst gesprengt wurden.

Die Tunnel, in denen die Häftlinge in vierstöckigen Betten geschlafen haben, sind nur einige Meter hoch, der Weg durch den Stollen führt vorbei an ehemaligen, notdürftigen Toilettenanlagen, es ist staubig und kalt.

Kommt man aus dem Stollen wieder ans Tageslicht, hat sich die Wahrnehmung des Umfeldes geändert. Die freie Wiese der Gedenkstätte und der pfeifende Wind gewinnen an Bedeutung, kommen einem nicht mehr so unscheinbar und bedeutungslos vor.

 

Im Gegensatz zu anderen KZ-Gedenkstätten, in denen die erhaltenen und wieder aufgebauten Gebäude die Historie des Ortes sofort vermitteln, wird den Besuchern in Mittelbau-Dora selbst überlassen, wie tief sie in die Geschichte eintauchen.

Der Ort entfaltet seine Bedeutung nach und nach, jeder kann eigene Eindrücke sammeln. Dies ermöglicht eine individuelle, zurückhaltende, jedoch nicht weniger Wirksame Art des Gedenkens, weshalb Mittelbau-Dora eine besondere, eigene Erinnerung hinterlässt.“

Schülerin der Jahrgangsstufe Q2

 

„Nach dem Besuch der Gedenkstätte Mittelbau-Dora fiel mir vor allem eins auf. Das ehemalige Konzentrationslager Mittelbau-Dora ist in Sichtweite der Stadt Nordhausen. Dies war schon damals der Fall, weshalb niemand behaupten kann, man habe nichts von den Konzentrationslagern gewusst.

Dies sollte uns in der Gegenwart eine Lehre sein, Ungerechtigkeit und Diskriminierung nicht unkommentiert stehen zu lassen und die Augen zu verschließen, sondern unsere Stimmen zu benutzen, um Ungerechtigkeit und Diskriminierung zu enttarnen. Wir sollten unsere Stimmen nutzen, um den Menschen zu helfen, denen niemand hilft und zuhört.“

Patrik Nolte, Q2

 

„Für manche Menschen scheint die Denkmalstätte ein perfekter Ort zum Drachensteigen oder Gassi gehen zu sein, doch der ruhige, friedliche erste Eindruck auf die großen Wiesen und den Wald im Hintergrund lässt schnell nach, wenn man die Reste des alten KZs betrachtet. Der in den 1970ern nachgestellte Appellplatz hinterlässt bei jedem, der seine Größe betrachtet, ein Gefühl der Enge, wenn man bedenkt das dort 20.000 Menschen für Stunden einst regungslos stehen mussten. Die Überreste und das beklemmende Gefühl in dem noch vorhandenen Stollen lassen nicht Mal ansatzweise darauf schließen, wie es den Häftlingen dort Tag ein, Tag aus erging. Und bei der Vorstellung, wie jeden Tag im Krematorium Massen von Leichen verbrannt wurden, läuft es einem kalt den Rücken runter.

Unser Guide, der selbst aus dem anliegenden Nordhausen kommt, hat uns die Geschichte dieses Ortes aus verschiedenen Perspektiven – Häftling, Wachpersonal der SS, zivile Arbeitskräfte in der Raketenproduktion – nähergebracht.“

Schülerin der Jahrgangsstufe Q2